Bamberg in Bewegung. Was heißt hier SDGs?
Wir wollen die engagierte Zivilgesellschaft gezielt stärken, um sie besser vernetzt auf der lokalen Ebene handlungsfähiger zu machen. Dabei spannen wir durch Globales Lernen den Bogen zu Bedingungen und Konsequenzen unserer Lebens- und Produktionsweise. Wir wollen von und mit Akteuren aus dem globalen Süden und lokalen Experten aus Bamberg lernen, wie wir Wirtschaft und Gesellschaft demokratisieren können. Wie? Einerseits durch die Entwicklung bedarfsorientierter Workshops für die Zivilgesellschaft vor Ort und andererseits durch die Organisation von“ Demokratie-Dinnern“. Das sind solidarische Essen, bei denen partizipative Formate politischer Bildung ausprobiert werden, um Menschen über die Welt ins Gespräch zu bringen.
Quelle Bild: Parradee Kietsirikul
Was uns zum Projekt „Bamberg in Bewegung“ bewegt hat?
Unsere Gesellschaft befindet sich aktuell in einer Umbruchphase, die immer öfter als Polykrise bezeichnet wird. Die sich beschleunigende, enger zusammengewachsene Welt wird durch Erderwärmung und Digitalisierung/KI in ungekanntem Ausmaß herausgefordert, das bestehende ökonomische System sowie die diesem dienliche konsumorientierte Kultur zu transformieren – binnen weniger Jahrzehnte. Diese epochale Herausforderung erfordert von Menschen, dass sie diesen Prozess demokratisch mitgestalten können und wollen. Dem Globalen Lernen kommt hierbei eine zentrale Bedeutung zu. Die Welt ist so stark vernetzt, dass die Antworten auf die Krisenphänomene unserer Zeit globale und vor allem solidarische Lösungen erfordern. Zu diesem Verständnis und einer hierfür nötigen Kultur trägt Globales Lernen wesentlich bei. Sie kann helfen Mauern der Ignoranz in Brücken des gegenseitigen Verständnisses zu verwandeln, auf denen Menschen sich begegnen und miteinander ins Handeln kommen können.
Doch die Transformationshemmnisse sind zahlreich und die gemeinwohlorientierte Zivilgesellschaft ist der Herausforderung aktuell noch zu wenig gewachsen. „Wenn viele kleine Menschen, an vielen kleinen Orten, viele kleine Dinge tun“, beginnt ein Sprichwort, dann ist die Welt zwar besser, aber noch nicht gut genug, um wesentliche Entwicklungen, deren Kipppunkte bald erreicht scheinen aufzuhalten. Wir können uns nicht nur mit den Antworten und Weisheiten der Vergangenheit ermutigen, sondern müssen lernen systemisch zu denken und zu handeln. Gelingt uns dies nicht, besteht die Gefahr einer Verschärfung der sozialen Ungleichheit und Spaltung der Gesellschaft, welche die Demokratie stark in Bedrängnis bringt. Es besteht die Gefahr einer Klimakatastrophenspirale, welche das sechste Massenaussterben verschärft und die Vertreibung von hunderten Millionen Menschen zur Folge hat. Wollen wir weiter in einer demokratischen Gesellschaft leben, die durch Globales Lernen ein Verständnis für komplexe globale Entwicklungen schafft, dann müssen wir über schulische Unterrichtsstunden hinaus innovative, aufsuchende, bedürfnis- und lebensweltorientierte, problemzentrierte, partizipative Bildungsarbeit machen.
Warum setzen wir auf die Zivilgesellschaft?
Im Gegensatz zu Politik und Wirtschaft, die systembedingt häufig kurzfristige Handlungslogiken und Partikularinteressen verfolgen, kann die Zivilgesellschaft wichtige Forderungen – etwa die Sustainable Development Goals (SDGs) – in den öffentlichen Diskurs einbringen und deren Umsetzung fordern. Aber es bestehen aktuell noch zahlreiche Hürden:
(1) Die Zivilgesellschaft ist häufig zersplittert und wenig koordiniert:
Viele Gruppen kämpfen um Aufmerksamkeit für ganz spezifische Themen und haben wenig Austausch mit anderen „thematischen“ Gruppen, obwohl die Ursachen für Erfolg/Misserfolg häufig die gleichen sind und viele – ohne es zu wissen – für das Erreichen der SDGs aktiv sind. Würden sie besser zusammenarbeiten, könnten sie deutlich effektiver sein.
(2) Die Zivilgesellschaft ist vorwiegend ehrenamtlich aktiv und hat wenige Ressourcen:
Hinzu kommt, dass viele Gruppen durch die Folgen der Pandemie und gesellschaftliche Entwicklungen hin zu mehr Unverbindlichkeit immer weniger Engagierte finden konnten. Diese Entwicklung zeigt wie fragil ehrenamtliches Engagement sein kann und wie wichtig gutes Wissensmanagement und Stärkung des Ehrenamts ist.
(3) Die Zivilgesellschaft hat nicht die nötigen Kapazitäten:
Viele Gruppen organisieren mit großem Personalaufwand immer wieder Veranstaltungen, zu denen die „üblichen Verdächtigen“ kommen oder leiden darunter sich politisch nicht wirkungsvoll zu fühlen, weil sie das politische System noch zu wenig verstehen. Durch Systemwissen über politische Willensbildung und Verwaltungspraxis könnten sie sich erfolgreicher einbringen. Ebenso könnten Workshops in Campaigning, Fundraising und Advocacy ihre Selbstwirksamkeit erhöhen.
(4) Die Zivilgesellschaft ist sich ihrer Kraft nicht bewusst:
Die Zivilgesellschaft ist historisch die treibende Kraft für Demokratisierung gewesen. Es gab viele Erfolge, die zunächst unmöglich erschienen. Aus der Erfahrung dieser Bewegungsgeschichte kann die Zivilgesellschaft Hoffnung für eine bessere Gestaltung der Zukunft schöpfen. Wenn Sie sich in breiten Bündnissen für gemeinsame Ziele (SDGs) zusammenschließt kann sie einen bedeutenden Unterschied machen.
(5) Die Zivilgesellschaft ist eine globale Kraft:
Klimagerechtigkeits-, Friedens- oder globalisierungskritische Bewegungen verfügen über starke transnationale Bündnisse, die schon heute versuchen globale Solidarität gemeinsam zu leben. Im Rahmen von globaler Bildungs- und Informationsarbeit können verschiedene Perspektiven ausgetauscht und gemeinsame Projekte realisiert werden.
Was soll im Projekt „Bamberg in Bewegung“ passieren?
Das Projekt dient der Stärkung der bewegten Zivilgesellschaft. Es setzt auf der lokalen Ebene mit Bildungs- und Vernetzungsarbeit an, um unterschiedlichen Personengruppen (außerhalb der üblichen Zielgruppen) die globalen Zusammenhänge bewusst zu machen, die ihr tägliches Leben beeinflussen. Sie sollen erkennen und bewerten lernen wie etwa politische und ökologische Krisen in andern Teilen der Welt mit sozioökonomischer Ungleichheit an ihrem Wohnort zusammenhängen und umgekehrt. Sie sollen sich als politische Akteure verstehen und kollektive Gestaltungsmöglichkeiten als Antworten auf die Krisen unserer Zeit kennen lernen. Dies soll in internationaler Solidarität mit aktiven Menschen aus dem globalen Süden stattfinden. Den inhaltlichen Schwerpunkt bilden dabei die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs). Ausgehend von Bedürfnissen und Problemlagen der Zielgruppen (etwa Gewerkschaftsaktive, Senior*innen, Studierende etc.) sollen diese sich mit den Zielsetzungen und den Leerstellen der SDGs auseinandersetzen. Gemeinsam mit entwicklungspolitischen Akteuren werden a) die Zielgruppen durch Vernetzungs-, Skillsharing- und Kommunikations-Workshops geschult, b) Studierende in einem transdisziplinären Seminar bei der Erarbeitung von lokal anschlussfähigen Bildungsmaterialien & -formaten unterstützt, c) öffentliche Veranstaltungen mit partizipativen Austauschformaten – etwa Demokratie-Dinner – mit Bezug zu den SDGs veranstaltet.
Organisatorischer Hinweis:
Das Projekt soll von Sommer 2024-Herbst 2025 dauern. Bei Interesse an Teilnahme können Sie sich gern per Mail an kontakt[at]chancengestalten.de melden.
Mehr Informationen über das Projekt folgen in Kürze.
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